Zum Thema Restauration

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Argonaut
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Registriert: Mo 20. Mai 2013, 09:06
Dino: Fiat Dino 2,0 Spider

Zum Thema Restauration

Beitrag von Argonaut »

Liebe Forumsmitglieder,

ich habe mal wieder eine schöne Geschichte zum Thema Restauration und ein paar Argumente, warum eine "richtige" Restauration mindestens 100.000 kostet, es sei denn, man kann einiges selber machen.

Ich war vor ca. 5 Jahren in Madrid, weil ich damals einen 2.4 Spider anschauen wollte; laut Angaben des Verkäufers vollständig restauriert. Es gab hunderte von Bildern, allerdings... es fehlten die meisten Bilder zu den detaillierten Blecharbeiten. Es handelte sich um einen silbernen Dino mit der VIN Nummer 1364. Die Innenausstattung war in rotem Leder.

Der Verkäufer wollte 120.000 Euro, zu einer Zeit, als die Preise stark anzogen und ihren "Peak" noch nicht erreicht hatten.

Als ich dann in Madrid war, machte das Auto einen guten Eindruck; leider (oder Gott sei Dank) eröffnete mir der Verkäufer, dass auf den Preis noch die spanische MwSt. draufkäme, die damals bei 21% lag. Ich habe dann davon Abstand genommen.

Gekauft hat das Auto dann ein Engländer (Hugo Harris). Ich stehe noch heute mit ihm in Kontakt. Nachstehender Link zeigt auf, was nach seinem Kauf dann passierte. Insgesamt dürfte ihn das Auto am Ende 250.000- 300.000 gekostet haben. Immerhin... ein weiterer Dino ist gerettet.

https://jameshugoharris.wixsite.com/hugosdino

Im Moment restauriert ein guter Bekannter einen blauen 2.0 Spider in Villach (same Story). Der wird, wenn er fertig ist, wenigstens "nur" 150.000 kosten, ist aber unbedingt dann sein Geld wert.

Viele Grüße

Argonaut.
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bebe
Beiträge: 106
Registriert: So 4. Sep 2011, 10:42
Dino: Fiat Dino 2,0 Spider

Re: Zum Thema Restauration

Beitrag von bebe »

Lieber Argonaut,

das sind ja horrende Zahlen, die du da nennst.

Nun fahren ja recht viele alte Autos aller möglichen Marken herum, deren Wert in gutem Zustand vielleicht bei 5.000 bis 40.000 Euro liegt. Auch unter diesen Autos findet man sehr gut gemachte Restaurationen, und dass die jetzt reihenweise auf der Fahrt zur Eisdiele kollabieren, ist auch nicht aufgefallen. Gut, der Dino ist speziell, aber jetzt auch nicht zehn- oder zwanzigmal so speziell wie andere Autos.

Zunächst gilt ja immer noch die alte Binsenweisheit, dass der teurere Kauf auch der bessere ist, besonders beim Dino. Teuer heißt natürlich nicht immer gut. Vor dem Kauf sollte man also die Karosserie überprüfen (Dicke der Lackschichten, Endoskop, stimmen die Formen). Auch die Technik und Originalität kann man ja mit heutigem Know-How aus dem Forum checken, am Besten einen Fachmann mitnehmen. Der sagt einem dann auch, ob es mal einen Unfallschaden an dem Wagen gab. Auch wenn der Fachmann was kostet: bei den Zahlen, die da im Raume stehen, ist das eine gute Investition. Also: lieber länger und gründlicher suchen.

Die geile Form und der Sound der Autos verleiten natürlich auch sonst kühle Köpfe zu einem Impulskauf. In diesem Fall ist der Impulskauf nicht angeraten.

OK. Vielleicht hat man nun aber trotz der schlauen Sprüche, warum auch immer, ein richtig schlechtes Auto. Vielleicht wurde es ja vom Opa gefahren, als es neu war und man hat es zufällig wieder entdeckt, was weiß ich. Einfach herzlos verkaufen und ein gescheites anderes zu kaufen, geht dann also nicht. OK. OK.

Für das schlechte Auto gilt, dass wirklich ALLES zu restaurieren und wiederherzustellen eigentlich jeder (machen lassen) kann, der genug Geld und Zeit hat. Dann hat man einen totrestaurierten Neuwagen à la Porsche 356 und Mercedes SL. Wer's mag. Ich kenne Leute, bei denen fällt einmal ein Rücklicht aus und sofort muss es "ein neuer Kabelbaum!!!" sein. Das ist aber keine Ingenieursleistung.

Eine richtige Ingenieursleistung ist es, zu entscheiden, was tut man, damit das Kosten/Nutzen Verhältnis passt. Und das am Besten mit einer "rollenden" Restauration. Also ein möglichst oft fahrbereites Auto zu haben, das das Budget dann gleichmäßig über die Jahre verteilt und nicht auf einen Schlag den Kontostand niederreißt. Und am Ende doch ein richtig gutes ist.

Allerdings braucht es erstens hierfür die charakterliche Größe, sich so lange ungefragt von den Mitmenschen die hämischen Sprüche anzuhören ("da unten kommt ja schon ein Rostbläschen", "der Kühlergrill ist ja falsch", "die Stoßstange ist ja wellig"). Tipp: so sehr es auch nervt, immer an das gesparte Geld denken, grinsen und sich geduldig die immer gleichen Sprüche anhören.

Zweitens ist vielleicht das Risiko etwas höher, einmal unterwegs eine Panne zu haben. Aber auch nur vielleicht, denn es gibt auch genug neu eingebaute und frisch restaurierte Teile, die gleich mal zur Begrüßung ausfallen.

Ich kenne wenige Leute, die wirklich in einem Rutsch nach Novosibirsk fahren mit ihrem Dino und ihn dafür für 300K technisch perfekt und unfehlbar restaurieren. Was ist so schlimm daran, einmal liegen zu bleiben? Gehört zum Abenteuer und der ADAC hilft ja gerne (und als Trost darf man die Reise mit einem schicken Kia Picanto in Basisaustattung fortsetzen).

Soll der Dino ab jetzt 100 Jahre lang nicht mehr rosten? Fährt man jedes Jahr im Winter damit in den Skiurlaub über versalzene Bahnen?

Also, um dir zu antworten: eine Restauration zu machen und dabei Fahrspaß zu haben kann erheblich günstiger sein. Was für einen eine "richtige" Restauration ist, möge man selbst entscheiden.

Viele Grüße
Bernhard
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Tobi
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Re: Zum Thema Restauration

Beitrag von Tobi »

Ich kann Bernhard zu 100% zustimmen! Wobei ich das mit dem Kia Picanto nicht so teilen kann, bei mir wars ein C4, also kein 365er, ein Citroen ;)
Gerade die letzten paar Prozent zum perfekten Auto werden richtig teuer. Aber was ist schon perfekt? Für mich wäre zum Beispiel ein Originallack, fast egal in welchem Zustand, besser als die perfekteste Neulackierung. Und die Orignalinnenaustattung besser als die tollste Sattlerarbeit. Die Karren haben jetzt um die 50 Jahre auf dem Buckel und das darf man ruhig sehen. Ein über- oder totrestauriertes Auto ist mehr als langweilig.
Ein anderes Kapitel ist die Geschichte mit den "Spezialwerkstätten". Bei denen kann man für einen Dino dann auch mal sechstellige Beträge lassen. Aber nötig muss sowas nicht sein. Ich kenne Leute, die lassen ihre Karosserie beim alten polnischen oder tschechischen Blechschlosser zu einem mehr als fairen Preis hervorragend machen. Der steht dem alten Italiener in nichts nach, während der alte Deutsche schon die Rente genießt und der junge Deutsche das gar nicht mehr kann. Mein Dino war kurz bevor ich ihn gekauft habe beim "Experten" in Stuttgart zum Ventile einstellen für 1600 Euro. Zehn Jahre später hab ich in der Zweimann-Fiat-Werkstatt im Nachbardorf für den Tausch der Ventilschaftdichtungen, das Einstellen der Ventile und ein paar andere Kleinigkeiten 600 Euro gezahlt und der Dino ist besser gelaufen als jemals zuvor. Der ist zwar kein "Dino-Experte", aber ein hervorragender und sorgfältig arbeitender Automechaniker.
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